FINE 4/2022 - ZURÜCK ZUR NATUR

DIE MAISON RUINART HAT SICH FÜR IHRE JAHRGANGSCHAMPAGNER VOM GÄNGIGEN KRONKORKEN BEI DER FLASCHENREIFUNG VERABSCHIEDET: NACH AUSFÜHRLICHEN VERSUCHEN SCHWÖRT DER KELLERMEISTER BEI DEN LANGEN LAGERZEITEN AUF ERSTKLASSIGEN NATURKORK

Von BIRTE JANTZEN  Fotos ARNE LANDWEHR


Drei Magnums Dom Ruinart reifen
besser als sechs Standardflaschen



Die gotische Kathedrale Notre-Dame de Reims thront stolz im Herzen der Hauptstadt der Champagne. Wie auf ihrer reich geschmückten Fassade sind das Weltliche und das Geistliche in der Geschichte der Region untrennbar verwoben. So trägt das Haus Ruinart den Familiennamen eines einflussreichen Benediktinermönchs: Dom Thierry Ruinart (1657 – 1709), Zeitgenosse von Dom Pérignon, war ein brillanter Theologe und Historiker. In der Champagne aufgewachsen, wurde er als junger Gelehrter nach Paris beordert, verkehrte dort am königlichen Hof und konnte die aufkeimende Begeisterung für die Weine seiner Heimat beobachten. Es gab Rebberge im Familienbesitz, und damit war es nur eine Frage der Zeit, wann die geschäftlich versierten Verwandten des Mönchs sich mit dem Thema auseinandersetzten. 1728 erhielt die Champagner- Region offiziell die Erlaubnis, ihre Weine direkt in Flaschen abzufüllen, und nur ein Jahr später legte Dom Ruinarts Neffe Nicolas den Grundstein für das heute legendäre Champagnerhaus, das erste seiner Art. Im Jahr 1987 ging es nach einer Übergangsphase an LVMH über. 

Weitblickend erstand Nicolas Ruinart ein paar Jahre nach der Gründung des Hauses einen Teil der unter der Stadt gelegenen gallorömischen Stollen, um dort die Weine reifen zu lassen und zu lagern. Die im vierten Jahrhundert nach Christus bei Kerzenlicht in den Kreidefelsen gehauenen Gänge muten zum Teil wie weiße Kathedralen an und strahlen eine meditative Gelassenheit aus, die auch Dom Ruinart hätte gefallen können.

Frédéric Panaiotis, seit 2007 Kellermeister von Ruinart, weiß diese Ruhe ebenfalls zu schätzen: »Das größte Privileg meines Berufs ist die Zeit. Und nichts verkörpert die Zeit besser als der Champagner.« Das trifft besonders auf den äußerst begehrten Jahrgangschampagner Dom Ruinart zu, benannt nach dem illustren Vorfahren. Zehn Jahre reift er in der Frische der unterirdischen Gänge, bis er degorgiert und welttauglich gemacht wird. Über den Stil des Hauses hinaus spiegelt der

Dom Ruinart das Terroir, den Einfluss der klimatischen Verhältnisse des Jahres und des langen Ruhens auf der Hefe – und auch das Know-how des Kellermeisters seiner Zeit. Letzterer beeinflusst zum Teil erheblich, wie sich die Champagner des Hauses stilistisch weiterentwickeln, und häufig führt einer zu Ende, was ein anderer begonnen hat. »Wir arbeiten meist für die Generation nach uns«, sagt Frédéric Panaiotis, »bis vor Kurzem sprach ich noch über Jahrgangschampagner, die mein Vorgänger gemacht hatte. 1998 startete er einen Vergleich zwischen den beiden klassischen Verschlüssen – Kronkorken und Naturkork –, um herauszufinden, welcher sich bei langer Reifung am besten auf die Entwicklung auswirkt. Aber erst dieses Jahr bringen wir den Dom Ruinart 2010 als ersten Champagner heraus, der vollständig unter Naturkorken gereift ist.«
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In den Kreidestollen lässt Kellermeister Frédéric Panaiotis die Champagner reifen, und das Künstlerduo Mouawad Laurier erzeugt dort mit künstlicher Intelligenz Licht- und Klangeffekte